Record of the Week

Jacques Palminger & 440 HZ Trio “Spanky und seine Freunde”

cover_palmingerJacques Palminger & 440 HZ Trio
“Spanky und seine Freunde”
(Staatsakt / Caroline International)

Das 440 HZ Trio, das schon auf dem letzten Album „Jazz & Lyrik“ ein Quartett war, wird hier zum Quintett aufgestockt. Bemerkbar macht sich diese Veränderung in einer Zunahme von Vibraphoneinsätzen, die die Musik mit einer ansprechenden, diffus cocktailartigen Eleganz ausstatten. Vor dem Hintergrund, dass zusätzlich der Gesangsanteil – oft in Gestalt von tollen „bababa“-Chören – gestiegen ist, könnte man sich zu der These verleiten lassen, das Palminger-Quintett bewege sich musikalisch an der Schnittstelle zwischen dem Modern Jazz Quartet und dem Gunter Kallmann Choir oder, allgemeiner formuliert, Jazz und Easy Listening.

Einige Titel, vor allem das wirklich anrührende „Spanky“, stehen auch im Zeichen einer scheinbar unschuldigen 70er-Jahre- Sesamstraßen-Ästhetik. Musik und Text erinnern die Vergangenheit dabei so wie sie nie war und bringen in dieser Hinsicht eine herrlich romantische Idealisierung hervor. Entschieden eigenartig und mit Brüchen angereichert, bauen Jacques Palminger & 440 HZ Trio ein möglichst wenig originalgetreues Modell ihrer Lieblingsmusik nach. Bestätigt wird dies durch die Rolle Jacques Palmingers selbst, dessen Sprechgestus weder zum Modern Jazz Quartet noch zum Gunter Kallmann Choir passt (vielleicht zur Sesamstraße?).

Immer wieder geht es darum, Verschiedenartiges miteinander zu konfrontieren. In das leicht schlagermäßige „Ewigkeit“ bricht plötzlich ein von Palminger sprachlich übertrieben verziertes WK1-Szenario hinein, das die Schlagerqualität sofort wieder hinterfragt. Palmingers surrealistische Sprachgebung, die Disparates collagiert („Der Pinguin, das Handy und der Jazz“), fügt sich in dieses Schema ein. Nicht mit sich selbst identisch zu sein, stellt möglicherweise das Ziel dieser Musik dar.

Auf der Grundlage skurriler, nicht sehr realistischer Geschichten wird hier die Möglichkeit eröffnet, sich seinen eigenen Reim auf die Texte zu machen. Das Eröffnungsstück „Die Kirschblütenrakete“ ließe sich interpretieren als subtile, mehrfach gebrochene Kritik an zeitgemäßer Fotomanie, die in Kontrast gesetzt wird zum unvermittelten Sehen. Da hier aber jedes Wort in einer Geschichte aufgeht, gibt es zum Glück keine expliziten Messages oder Handlungsanweisungen. Die Tendenz zum uneigentlichen Sprechen macht sich auch in Palmingers eigenwilligem Vortragsstil bemerkbar. Stets changierend zwischen Einfalt und Weisheit, verkörpert Palmingers Figur eine Ambivalenz, die den Wunsch nach unbedingtem Verstehenwollen provoziert. Auf diese Weise kann man die Leute gut bei der Stange halten.

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