Marco Fuchs über die Verfasstheit von Fußballersprüchen

“Es ist zu bedauern, dass heute mehr Kontrolle als Borderline herrscht”

Büchern, die Fußballer zitieren, haftet meist etwas vom Tagesprogramm des hiesigen Rundfunks an. Also dieses Gefühl, dass man alles eigentlich schon zigmal gehört hat und sich dabei gar nicht sicher ist, ob das zwanghaft durchgekaute Material jetzt wirklich so der Knaller ist. Umso schöner, dass sich nun der verrückte Journalist Marco Fuchs diesem Terrain angenommen hat. Marco Fuchs lebte lange Zeit in (Eintracht) Trier, zog dann nach Hamburg. Außer durch starke Texte in diversen Magazinen ist der freundliche Menschenfeind unter anderem durch den meinungsstarken (Musik)Nerd-Blog Muntionen ein Begriff. Wir haben ihn nach dem Spiel im Kabinengang zu seinem Buch “Fußball ist Ding Dang Dong” befragt.

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Foto-Credit: pappelstudioz.com / Florian Beck

Marco, es wird gern gesagt, heute fehlen beim Fußball die “Typen” im Vergleich zu früher. Kannst du bestätigen, dass sich die Art der Sprüche über die Jahrzehnte gewandelt hat? Durch die “neuen Medien” müssten heutzutage doch zumindest numerisch viel mehr anfallen.
Numerisch sicherlich, aber der Großteil davon sind dann Sachen, die ihren Reiz aus einem Rechtschreibfehler beziehen. Daran habe ich kein Interesse. Gewandelt haben sich sicherlich die Interviews direkt nach dem Spiel. Da kriegt man mittlerweile mehr Kontrolle als Borderline geboten, was zu bedauern ist. Im Laufe der Zeit hat sich aber auch jeder Zweitligakicker daran gewöhnt, samstags ein Mikro unter die Nase gehalten zu bekommen, früher war das alle Schaltjahr mal der Fall, da plumpste einem schon eher mal was Kurioses aus dem Mund. Und zum Thema Typen: Heute gibt’s ja auch Feingeister wie Ibrahimovic, Balotelli oder Mourinho. Da sehe ich jetzt keine Veschlechterung zu Vogts & Co.

Woher hast du das eigentlich alles geschöpft? Das ist ja Content, der vermutlich nicht dir ins Diktiergerät gesprochen wurde.
Unterschiedlich. Ich bin ja seit dem Kicker-Sonderheft 1982 ein Schwamm für überflüssiges Fußballwissen. Da lag dann schon eine Menge rum auf dem internen Speicher. Ansonsten verlief die Recherche ganz klassisch: Saisonrückblicke anschauen, in Biographien stöbern und Zeitungsarchive durchforsten, bis ich genügend zusammen hatte, bei dem auch mein persönlicher Humordetektor anschlug.

Was sind dein drei Lieblingssprüche aus dem Buch?
„Fußball ist das wichtigste aller unwichtigen Dinge im Leben“ von Trainer-Legende Arigo Sacchi, „Bevor ich einen Fehler mache, mache ich ihn nicht“ von Johan Cruyff und – extra für die starke Frankfurt-Fraktion unter euren Lesern – „Der größte Fehler, den wir jetzt machen könnten, wäre, die Schuld beim Trainer zu suchen“ von Charly Körbel als… Trainer bei Eintracht Frankfurt.

Welche Charaktere hörst du im Fußball am liebsten reden?
Diejenigen, bei denen die Mischung aus einem gewissen Sprachwitz und vollkommen überdimensioniertem Ego gegeben ist. Beckenbauers „Lothar und ich hatten auch Meinungsverschiedenheiten. Ich hab’ mich immer durchgesetzt. Gott sei Dank, die Erfolge sprechen für sich“ ist ein schönes Beispiel. Alex Ferguson und José Mourinho sind auch solche Kandidaten, deshalb haben diese drei auch eine ganze „Top 11“ ihrer Zitate bekommen. Dazu natürlich diejenigen, denen einfach ein dufter Humor gegeben ist, Ristic, Hans Meyer, Uwe Klimaschefski …

Welchen Spruch möchtest du indes echt nicht mehr hören?
„Wir brauchen Eier“ von Oliver Kahn, weil sich in dieser Aussage die so überaus unangenehme, breitbeinige Macho-Kultur des Fußballgeschäfts manifestiert. „Keine Eier“ zu haben als der ultimative Vorwurf von sport1-“Doppelpass“ bis Twitter. Da lasse ich dann auch als Fußballfreund gerne mal die Jalousien runter.

Wie schätzt du diese Saison die Liga ein?
Stabil.

“Fußball ist Ding, Dang, Dong”, Marco Fuchs, Verlag Delius Klasing, 2015

Fußball ist Ding Dang Dong [c] Delius Klasing

 

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