Graw Böckler berichten vom CTM Siberia

„Wann kommt der sibirische Style in Berlin an?“

Das Köln-Berliner Künstlerduo Graw Böckler hat die letzte Woche auf Einladung des CTM Festival im sibirischen Novosibirsk verbracht. Neben ihrer Involvierung in das Festival arbeiteten Ursula Böckler und Georg Graw dort auch an ihrem aktuellen Projekt „Let´s talk about the weather“. Für Kaput schildern sie ihre Eindrücke vor Ort. Alle Photos: Graw Böckler.

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Foresteppe (ru) im Theater Globus

Ursula, Georg, ihr seid ja nicht nur wegen des CTM Festivals vor Ort in Novosibirsk, sondern auch wgen eures Projekts „Let´s talk about the weather“. Was hat es denn damit auf sich?
Richtig, wir machten in Sibirien auf Einladung des Goethe Instituts und der CTM Aufnahmen für „Let´s talk about the weather“. Dabei geht es um den kleinsten gemeinsamen Nenner von Kommunikation, das Gespräch über das Wetter. Uns interessiert der Smalltalk, aber natürlich auch Wetter als Politikum. In Novosibirsk haben wir Pfützen gefilmt und „Wetter“ als Gesprächsmetapher aufgezeichnet. Frühere Arbeiten aus dem Projekt finden sich hier. 

 

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Trinkspruch von Arthur Larrue

Mit welchen Erwartungen seid ihr nach Sibirien gereist?
Für uns war es phantastisch an diesen Ort zu kommen, an den wir normalerweise wohl nie gekommen wären. Wir hofften neue Freunde zu finden, in einer Millionenstadt, die noch nicht so an den internationalen Diskurs angeschlossen ist wie zum Beispiel Moskau oder St. Petersburg. Auch ist es interessant die Medienberichterstattung mit eigenen Erfahrungen zu vergleichen. Und das Wetter in Sibirien hat uns natürlich auch interessiert.

 

 

Wie fühlte sich der Abgleich dieser Erwartungen mit den Erlebnissen vor Ort an?
Wir waren ja über den letzten Winter in Mexico DF. Das Bild, das die Medien von Mexico zeichnen und das was wir dort erlebten, hat sich zum Glück kaum überschnitten. In Novosibirsk war es eher so, dass wir jetzt ein bisschen das Gefühl haben besser zu verstehen, warum Russland so ist wie es ist. Natürlich ist unser Eindruck nur oberflächlich, da wir die Sprache nicht sprechen und auch nichts lesen können. Wir haben in Novosibirsk Zeit mit Arthur Larrue verbracht, einem französischen Schriftsteller, der vier Jahre in St. Petersburg lebte. Er hat uns viel erzählt, so dass wir unsere Eindrücke besser einordnen konnten. Und über die CTM und Sophie Vovchenko haben wir offene und symphatische Leute kennengelernt, die auch gern mit uns über das Wetter gesprochen haben. Im Gegensatz zu Berlin, wo der Winter eher depressiv ist, wird er in Sibirien als die beste aller Jahreszeiten empfunden.

Wie hat man sich denn das CTM Publikum vor Ort vorzustellen? Ist die weltweite Gleichschaltung schon bis an diesen abgelegenen Ort vorgedrungen oder merkt man noch Unterschiede zum Auftreten und Erscheinungsbild der Leute in Berlin?
Das CTM Publikum in Novosibirsk war zum größten Teil sehr jung. Trotzdem war die Stimmung stehts etwas anders als gedacht und das Publikum jedesmal neu aufgemischt. Die Locations waren sehr unterschiedlich: Von der Gebietsbibliothek zur Philharmonie, dem imposanten Globus Theater bis hin zum poshen Ragu Café.
Die Fotos zeigen ganz gut die verschiedenen atmosphärischen Räume. Es war eigentlich immer gut besucht. In den Clubs bei den Dj Sets etwas besser als bei den Konzerten. Da waren aber auch die Locations majestätisch groß. Zu den Vorträgen kam ein engerer, interessierter Kreis, der sich zum Teil natürlich auch aus dem Festivalteam und den teilnehmenden Künstlern zusammensetzte.
Die Abschlussparty fand in einer Hinterhof-Nudelbar statt – das war definitiv das stimmungvolle Highlight. Vielleicht solllte man eher fragen, wann der sibirische Style in Berlin ankommt? Vielleicht schon diesen Winter?

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Letzter Festivaltag im Hinterhof der Bar LPSCHBR.

Ihr habt uns ja netterweise viele Photos von eurem Aufenthalt geschickt. Könnt ihr dazu noch ein bisschen was erzählen?
Novosibirsk ist eine junge, große und industrielle Stadt, nicht besonders schön und sehr vergleichbar mit anderen Städten des Ostens. In den Vororten finden sich riesige Plattenbauten und noch größere Pfützen, in der Innenstadt große Statuen und imposante öffentliche Gebäude. Es wird wahnsinnig viel gebaut – silberne Fassaden und Wohnblocks – manchmal kamen wir uns vor wie in China. Dann gibt es viele Unterführungen mit kleinen Geschäften und Kiosken unter der Erde. Restaurants sind meistens in schwer zu erkennenden Eingängen und Kellergewölben versteckt. Das russische Essen ist deftig und hat uns prima geschmeckt. Besonders lecker sind auch die usbekischen Speisen. Gleich neben Novosibirsk befindet sich die Universitätsstadt Akademgorodok, eine Stadt aus den 50er Jahren, mitten im Wald und auf jeden Fall einen Besuch wert. Novosibirsk wird von dem beeindruckenden, wild strömenden Fluss Ob in zwei Teile geteilt. Man erzählte uns, dass die „andere Seite“ nach Sonnenuntergang ganz dunkel sei.

 

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