Stephan Sulke

Selbstbewusstsein & Arroganz

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Stephan Sulke

Stephan Sulke ist ein Mann der vielen Gesichter – und nicht zuletzt deswegen mit einer langen und erfolgreichen Karriere. Bereit 1965 veröffentlichte er unter einem Künstlernamen seine ersten Singles in Frankreich und den USA. Anfang der 70er Jahre betrieb er dann sein erstes eigenes Tonstudio in Biel (CH) und machte sich mit den “Live At Montreux”-Aufnahmen vom Montreux Jazz Festival einen dert guten Namen in der Branche, dass er auch zum gefragter Tontechniker wurde und mit Künstlern wie Leonard Cohen, Fats Domino oder Jean-Luc Ponty zusammen arbeitete. Seit 1976 veröffentlicht er regelmäßig unter seinem echten Namen Stephan Sulke. Seinen größten Hit “Uschi” kennt wohl jeder, der um 1970 herum geboren wurde.

Auf dem neuen Album “Liebe ist nichts für Anfänger” (Staatsakt) befinden sich einmal mehr die für Sulke so typischen Alltagsbeobachtungen, kleine Geschichten über das Älterwerden und gescheiterte Lieben. Er lässt Bilder und Referenzen aus unterschiedlichen Abschnitten seines Lebens Revue passieren und wirkt dadurch wie aus der Zeit gefallen. Sein Humor ist pointiert, aber oftmals auch zotig und gewöhnungsbedürftig. Musikalisch bewegt er sich aktuell zwischen puristisch anmutenden, aber düster eingefärbten Schlager, Country-Schlager und leichtgewichtigem Pop. Nichts für die Geschmackspolizei.
Sulke ist abseits aller Genrediskussionen ein Sympathieträger, der viel erlebt und viel zu erzählen hat. Von der Musikindustrie hält er nichts mehr, umso größer ist seine Freude beim Berliner Indie-Monolith Staatsakt zu erscheinen. Hier fühlt er sich zu Hause und endlich wieder verstanden. Aber das lassen wir ihn mal lieber selbst erzählen.

Sie veröffentlichen Ihr neues Album “Liebe ist nichts für Anfänger” auf dem zur Zeit populärsten Indie-Label Deutschlands, Staatsakt. Kannten Sie das Label im Vorfeld?
Überhaupt nicht. Ich hatte keine Ahnung, wer die sind. Ich wollte ein neues Album veröffentlichen und dann kam die Frage auf, ob ich damit zu irgendeiner von diesen großen Firmen gehen will, mit denen ich bis jetzt in meinem Leben immer nur Stress gehabt habe? Da habe ich mir gesagt: “Nein, das will ich nicht.”

Wie kam dann der Kontakt zustande?
Ich habe mir alle Labels angeschaut, die ich kenne, und fand die alle nicht gut. Irgendwann kam ich per Zufall auf Dieter Meier – ich dachte mir, mal gucken, wo der Dieter ist? Ich habe gesehen, dass der auf diesem Label ist, und ich habe auch gesehen, dass die wirklich interessante Sachen machen. Also dachte ich mir, wenn der auf diesem Label ist, dann kann das Label nicht schlecht sein – weil der könnte sich ja ein Label selber machen. Anschließend habe ich Maurice Summen (Geschäftsführer Staatsakt) gefragt, ob er sich eine Zusammenarbeit vorstellen könnte, und er hat geantwortet, er wäre mit meiner Musik aufgewachsen. Ich schicke ihm also ein paar Sachen und er wollte gerne mehr hören. Das war’s.

Wie fühlt sich die Zusammenarbeit denn bislang an? Erfüllt sie Ihre Erwartungen?
Ich werde Ihnen etwas sagen: Ob diese Platte ein Erfolg wird oder nicht, keine Ahnung, das steht in den Sternen geschrieben. Das weiß man nie im voraus. Aber ich bin so glücklich mit diesen Leuten, weil ich es seit Ewigkeiten endlich wieder mit Menschen zu tun habe, bei denen ich das Gefühl habe, die haben einen guten Geschmack und sie haben auch Lust etwas zu machen. Das ist so selten geworden. Da macht es plötzlich wieder Spaß, dann ist man auch einverstanden, selber etwas beizusteuern. Ich habe so oft Plattenfirmen erlebt, wo einfach irgendwelche Coca-Cola-Verkäufer in irgendwelchen A&R-Abteilungen saßen, gelangweilt bis zum Verblöden und keine Ahnung hatten. [lacht]
Dieses Metier, diese Industrie, hat sich sowas von in den Sumpf gefahren. Bei den großen Firmen freut es mich beinah, weil das ist so eine Drecksbande, dass man es ihnen eigentlich auch nur gönnen kann. Aber irgendwo ist es natürlich tragisch, weil diese ganze Musik-Branche hat einfach mit Gewalt Selbstmord begangen. In diesem Umfeld ist es einfach eine Riesenfreude, auf so ein Label wie Staatsakt zu stoßen, wo wirklich was los ist. Ich finde das ganz toll.

Ich finde ja, bezogen auf die berufliche Beschäftigung mit Musik, dass in dem Moment, in dem der Background ist, dass man Geld verdienen muss, einen Apparat am laufen halten muss, das dann immer eigentlich ein Widerspruch in sich vorhanden ist.
Das ist genau der Punkt. Wenn man etwas macht, dann soll man es machen, weil man es gerne macht, weil man es toll findet. Und wenn man es toll findet, vielleicht mit ein bisschen Glück verdient man damit noch Geld.

Neben den Musikern, die Sie im Booklet aufführen, danken Sie im Speziellen Rudi Gall und Maurice Summen. Mich würde deren Beitrag zu Ihrem neuen Album interessieren.
Maurice Summen danke ich, weil es ohne ihn dieses Album nicht gegeben hätte. Ich bin ein relativ fauler Typ, und je älter ich werde, desto mehr schiebe ich die Dinge auf die lange Bank. Das Album wäre ohne ihn nie fertig geworden, wenn er mich nicht die ganze Zeit genervt und immerzu gefragt hätte, wann wieder etwas kommt.
Rudi Gall (Musiker aus Duisburg, der ein Album nur mit Liedern von Sulke veröffentlicht hat) hat bei mir effektiv was ganz Spezielles ausgelöst. Da kommt plötzlich jemand, der eine Generation jünger ist als ich und schwärmt und sagt, was für ein toller Typ ich doch sei. Bis dahin nicht ganz ungewöhnlich, das sagen mir ja auch andere. Aber dann merkte ich, dass er auch ein supergeiler Musiker ist – das gibt dem Kompliment mehr Bedeutung. Hinzu kommt die Tatsache, dass Gall hingegangen ist und ein Album mit meinen Songs aufgenommen hat, so uninteressant scheine ich doch nicht zu sein in dieser tristen Welt.

Sie bedanken sich also für die Inspiration.
Ja. Es ist ja nicht so, dass die beiden aktiv an dem Album mutgestaltet haben, aber es sind diese Schubser, die die vielleicht gar nicht bewusst gegeben haben, wo einfach Menschen dir einen Kick gegeben haben.

Ich zitiere ein Facebook-Post von Ihnen: “bin ja fast (ganz nie) zufrieden mit mir”. Tun Sie sich schwer damit Aufnahmen abzuschließen? Wenn sie dann abgeschlossen sind, das Album vorliegt, ist es für Sie ein langer Prozess, bis Sie es selber gut finden?
Ich bin der Typ, der vom Zweifel verhungern könnte. Ich bin der Typ, den man irgendwann mit Gewalt wegreißen muss. Der Zweifel ist für mich das absolute Krebsgeschwür, der ist für mich der Unbesiegbare. Der Zweifel kommt die ganze Zeit und die einzige Freundin, die man dann hat, ist die Müdigkeit. Weil man dann irgendwann zu müde ist, um noch etwas zu bearbeiten.

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Auf Ihrem neuen Album stechen zwei Titel für mich hervor: “Dämlich wie ein Kalb” und “Ich bin so traurig, Mann oh Mann”. Diese zeichnen sich durch fluffig durchlaufende Elektrobeats aus und durch eine im Vergleich zum Rest des Albums ungewöhnliche musikalische Ausrichtung. Wie sind diese beiden Titel zustande gekommen?
Ich mache das oft so, dass ich für eine Idee einen Loop produziere, zu dem ich spielen kann – damit habe ich etwas, an dem ich mich festhalten kann. Natürlich haben Sie Recht mit den beiden Nummern, natürlich ist das jeweils ein Loop, der gnadenlos durchläuft.
Ich bin ein absoluter Freund von elektronischer Musik. Ich kann mich erinnern, Anfang der 70er in Genf, da war ich mit Yes unterwegs und einer von denen hat einen Ami angeschleppt, einen gewissen Dr. Moog. Der ist mit so einem kleinen Gerät angekommen – uns sind die Ohren weggeflogen. Das war damals der berühmte Robert Moog und was er da hatte, war so ein Prototyp von diesem Mini-Moog. Der Rest ist ja Geschichte. Man wollte das Gerät sofort haben.

Mir ging es darum rauszufinden, ob es zu den beiden Stücken eine besondere Geschichte gibt, weil sie anders sind als die anderen. Ich habe Sie jetzt so verstanden, dass dem nicht so ist. Sie sind einfach so gekommen und deswegen gehören sie jetzt zum Album.
Genau, die sind wie sie sind. Ich mag den absurden Humor von “Ich bin so traurig, Mann oh Mann”, der ist einfach bescheuert. Ich hatte diese Idee von dem Typen, der vor dem Fernseher sitzt. Die Pointe ist dann, dass er den Fernseher nicht mehr anbekommt. Musikalisch hat das dann nur einen Sinn, wenn das stur langweilig ist, mehr als drei Harmonien dürfen da nicht drin sein.

Lassen Sie uns über einen anderen Song sprechen, nämlich “Marilyn”. Der hat mir auch gut gefallen. Zuerst scheint es ein typisches Lied über eine vergangene Jugendliebe zu sein. Aber sie hat ja offensichtlich immer ihren behinderten Bruder dabei.
Der behinderte Bruder ist das entscheidende, der ganze Song basiert nur auf dem behinderten Bruder. Ich habe ein paar Mal mit Behinderten in meinem Leben zu tun gehabt, jedes mal mit furchtbaren Berührungsängsten. Es geht auch um den Sauberkeitsfimmel, den wir in unserer ganzen Kultur haben. Alle werden immer hübscher.
Wenn Sie so wollen, ist es ein doppelt gefahrener Song. Einerseits ist das diese Wehmut über die eigene Jugend, die man irgendwo einfach wegschmeißt. Wenn man jung ist, weiß man nicht, dass man jung ist, und verlebt sie zum Teil einfach nur so. Und dann eben die Geschichte mit dem Jungen.

Was hören Sie privat für Musik? Oder kommen sie gar nicht dazu?
Ich habe mir heute Nacht vor dem Einschlafen ungefähr eine Stunde lang Tschaikowski reingezogen, danach Rachmaninow und dann bin ich glücklich eingeschlafen. Ich höre gerne Jazz und Klassik, solange es nicht Oper ist oder barocker Krempel ist. Country Music hat mich natürlich unheimlich beeinflusst in meinem Leben. Höre ich sehr gerne, wenn die Texte warm sind. Was ich nicht ertrage, ist sogenannte Volksmusik. Da habe ich einfach eine Grenze, ich komme da nicht rüber. Mit Schlager hingegen habe ich eigentlich keine allzu großen Berührungsängste.

Sie sind ja bekannt für ausgeklügelte Alltagsbeobachtungen in Ihren Songs. Zwischenmenschliches wird oftmals genüsslich seziert. Zentrale Themen in Ihrem Gesamtwerk sind immer wieder: Liebe (gescheitert, schwierig), Einsamkeit, Tod/Vergänglichkeit und Humor. Das sind klassische Songwriter-Themen. Fühlen Sie sich als Singer-Songwriter zutreffend charakterisiert?
Das war eben super, was Sie gesagt haben. Ich hätte Sie fast gestoppt und wollte Sie fragen, ob Sie noch andere Probleme kennen. Weil ich kenne wirklich nichts anderes, das ist das Leben. Ich kann mit dem Ausdruck “Liedermacher” wenig anfangen und würde mich auch als “Singer-Songwriter” bezeichnen. Ich finde es perfekt.

Wie arbeiten Sie in der Regel? Zuerst der Text oder die Musik? Oder läuft dies parallel?
Parallel. Bei mir sind es immer Zeilen, die irgendwie mal kommen, mit irgend einer melodischen Idee. Und dann setzt man sich ans Klavier und wurschtelt rum. Sie können sich nicht vorstellen, was ich für eine Scheiße geschrieben habe am Anfang. Wie schlecht das war. Wo man dann wirklich ganz erstaunt feststellt, guck mal, du bist auch nicht besser als alle anderen. Es ist nur, dass du dann noch mal hingehst, mit dem Meißel und dem Hammer, und sagst, das reicht nicht, das muss besser werden.

Es ist ja auch ein Handwerk. Ab einem gewissen Professionalisierungsgrad greift man auf gelernte Vorgehensweisen zurück.
Aber natürlich, das ist eine Professionalität, die dann reinkommt. Ob du nun Musiker bist oder Schreiner, das ändert ja nichts dran, dass es trotzdem Kunst ist.

Ich habe mir im Vorfeld dieses Interviews auf YouTube unter anderem Ihren Auftritt bei Carrell von 1976 angeschaut, mit “Lotte”. Welche Erinnerungen haben Sie noch an diesen Auftritt? Können Sie mir erklären, warum werden Sie von Rudi Carrell angekündigt als jemand, der noch nie aufgetreten ist? Das stimmte ja einfach gar nicht. Ich fand es witzig, ich weiß natürlich, dass Sie da schon eine ganz lange musikalische Biografie hatten.
Ich war damals natürlich viel zu sehr mit mir selber beschäftigt, mit meinem blöden Stuhl in dieser blöden Sendung. Der Stuhl stand eigentlich in einer ganz anderen Ecke von diesem riesigen Raum. Carrell hat irgendetwas erzählt und ich habe da nicht wirklich hingehört. Aber später, als ich es dann gesehen habe, habe ich schon gedacht: “Wieso erzählt der das?”

Den Auftritt in dem Video finde ich ja super. Ich schaue mir den immer wieder gerne an. Meine Eltern haben dieses Lied tatsächlich auch gehört und ich finde es so toll, wie Sie dann die Filterzigarette aus der Hemdtasche nesteln. Dieses ganze linkische Rauchen bei dem Song, das finde ich schon gut gemacht.
Carrell hatte einen englischen Regisseur, der wollte mich irgendwo hinstellen. Ich hab dann gesagt: “Nein, das ist ja ein Song, wo ich ein bisschen nachdenken muss. Es ist besser, wenn ich auf einem Stuhl sitze.” Ich bin übrigens Nichtraucher, bis heute immer gewesen. Dann hatte ich die Idee und habe gefragt, ob die was dagegen hätten, wenn ich mir da eine Zigarette anzünde, weil dann habe ich was mit meinen Fingern zu tun. So ist das gekommen.

Das ist wirklich witzig, das ist auch die Erklärung dafür, warum das Rauchen so linkisch rüberkommt. Man merkt tatsächlich am Schluss des Songs, wenn Sie so an der Zigarette rumnuckeln, dass Sie kein Raucher sind. Das war also nur ein dramatisches Accessoire für den Auftritt.
Genau.

Ihr erstes Album haben Sie ja “Stephan Sulke” genannt. Mit dem zweiten Album “Stephan Sulke 2” haben Sie begonnen, Ihre Alben durchzunummerieren. Das haben Sie dann bis “Stephan Sulke 7” durchgezogen. Warum damals die Nummerierung?
Ich würde es mal mit Selbstbewusstsein und Arroganz beantworten. Einfach so eine gewisse Selbstsicherheit – alle Titel auf dem Album sind gut, was soll ich da irgendeinen Titel suchen. Dann habe ich immer so weiter gemacht und irgendwann kam dann halt das Label mit einer anderen Idee. Dann hatten die Alben auf einmal doch einen Titel.

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Quelle: http://www.agentur-reisinger.de/stephan-sulke/ausstellungen/

Sie malen auch. Ihre Bilder und Zeichnungen wirken verspielt, kindlich und erinnern mich in ihrer Einfachheit zum Beispiel an die Mumins. Malen Sie regelmäßig? Haben Sie ein Atelier?
Ja, das habe ich immer gemacht. Sagen wir es mal so, ich mache es nicht kommerziell, weil das Kunstgeschäft ist noch schlimmer als das Musikgeschäft. Das ist mir zu kompliziert und ich bilde mir auch nicht ein, dass ich ein Riesentalent hab. Ich habe einen wehmütigen Humor und ich zeichne gerne. Das ist ein Wahnsinn, wie die Bildersprache direkt ins Herz geht.

Der Mensch, der sich ja immer als Krone der Schöpfung sieht, ist sehr selbstgefällig geworden. Trifft das ungefähr Ihre Einstellung, mit der Sie das aktuelle Weltgeschehen betrachten?
Was mich immer wieder erschüttert: Es scheint tatsächlich so zu sein, dass je höher es auf der positiven Seite geht, die Großartigkeit des Menschen auf der einen Seite, desto abgründiger ist auf der anderen Seite das, was du sonst zu sehen bekommst, inklusive dessen, was du selber manchmal anstellst. Ich klammere mich da nicht aus, ich kann manchmal so ein armseliger, bösartiger Typ sein. Ich bin manchmal auch so dumm, ich schließe mich hier nicht aus […]. Bisschen kühl läuft es mir schon den Rücken runter, weil ich es einfach nicht erfassen kann.

Sie stammen aus einer Zeit, in der im TV noch geraucht und auf den Straßen gegen Pershing demonstriert wurde und ein Herrenwitz nichts weiter war als ein Witz. Es klingt teilweise, als wären Sie verbittert über die aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen. Nervt Sie die sogenannte politische Korrektheit?
Total. Es geht noch viel weiter, ich kann auch diesen ganzen anderen Kack nicht verstehen. Ich habe noch nie irgendeine Droge in meinem Leben genommen und von mir aus können sich alle mit Kokain zudampfen, bis sie grün werden. Ist das mein Problem? Macht doch, was du willst. Man muss sich nicht als Gesellschaft da einmischen. Es gibt einen französischen Zeichner, den hat man mal gefragt, was ihn zum Lachen bringt. Er hat geantwortet: “Das, was mir Angst macht.” Der wirklich gute Humor ist eigentlich immer der grausige Humor. Die Frage ist immer die, ist es geschmacklos oder nicht?

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Quelle: http://www.agentur-reisinger.de/stephan-sulke/ausstellungen/

Sie haben ja eben gesagt, der Zweifel wäre ein Krebsgeschwür. Für mich ist das ständige Misstrauen in der Gesellschaft auch so eine Art Geschwür.
Das scheint typisch für das menschliche Wesen, die Unfähigkeit zum ausgewogenen Denken. Man weiß eigentlich, wenn es raufgeht, geht es irgendwann auch wieder runter. Das ist wirklich etwas, was drin ist. Nur jetzt haben wir ein neues Phänomen, ich würde es Kulturpessimismus nennen. Diesen professionellen Pessimismus bezeichne ich wirklich auch als heutige Krankheit.

Stichwort “früher”: 1968 waren Sie 25 Jahre alt. Wie standen beziehungsweise stehen Sie zur Hippiebewegung, zur Stundentenbewegung, der zentralen Jugendkultur Ihrer eigenen Jugend? Wie haben Sie sich damals positioniert?
Ich hatte nur Stress. Ich habe das hinten und vorne nicht begriffen. Es ist umso lustiger, wenn ich heute viele aus meiner Generation sehe und sehe, wie spießig und bürgerlich die geworden sind. Das ist ja auch irgendwie bezeichnend. Revolution war nie mein Ding.

Ein Frage habe ich noch. Ich bin ja ein großer Fan von Leonard Cohen und Sie haben auf Facebook diese tolle Anekdote gepostet, in der Sie erst Cohen in Genf aufnehmen und dann die Aufnahmen vernichten mussten und dafür 5000 DM bekamen. Wie hat sich das ereignet?
Das ist tatsächlich so passiert. Tatsache ist, ich war 1971 in Biel und irgendwann ruft mich ein Typ von CBS an und wollte, dass ich ein Konzert von Cohen in Genf aufnehme. Das war gerade in einer Zeit, in der ich kein mobiles Studio hatte. Ich habe dann das ganze Equpiment besorgt und von Zürich nach Genf bringen lassen. Dann haben wir das alles aufgebaut und aufgenommen. Nach dem Konzert kam dann Cohen hoch und verlangte aufgebracht, die Löschung der Bänder, weil er dies nicht autorisiert habe. Dann wollte ich wenigstens ein Autogramm und er schrieb drauf “For Stephan Sulke, my condolences”.

Herr Sulke, ich bedanke mich für das Gespräch.
Vielen Dank für Ihr Interesse.

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Quelle: https://www.facebook.com/277486631223/photos/a.401552836223.204687.277486631223/10154582165696224/?type=3&theater

 

 

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