Record of the week

Jim Button “Undone”

Jim Button ist eine junge Musikerin aus Hamburg. Leicht (lies: schwer) exzentrisch und als Kind vermutlich in den Kessel mit Popmusik-Zaubertrank gefallen. Wie Obelix in anmutig halt. Die Musik klingt dabei wie etwas aus den Charts, was man total wundervoll findet, wofür man sich aber hier auf einmal gar nicht schämen will oder muss. Ein ganz seltener, ja, kostbarer Zustand in diesem Genre. Jim Buttons Pop macht es möglich, denn er besitzt in seiner hittig, schmiegigen Zugänglichkeit auch etwas sehr Anrührendes, sehr Tiefenscharfes, unglaublich Wahrhaftes.

Als ich der schwäbischen Minimal-Techno-Ikone Thomas Venker von Kaput zugesagt hatte, bei der Platte der Woche über Jim Buttons Debüt “Undone” zu schreiben, hatte ich folgende history zwischen mir und ihr ganz aus den Augen verloren. Doch das macht sie (zum Glück) nicht ungeschehen:

Letzten Dezember war ich Gast bei “Operation Ton” in Hamburg. Ich führte ein Bühnengespräch mit Judith Holofernes zum Thema „Songtexte“ und war so zufrieden, dass ich mich abends noch mit einem kleinen Glas Wein in das Speise- und Tanzlokal „Mutter“ setzte. In diesen Moment drückte sich eine große blonde Schönheit, sie hieße Jim, wir wären Facebook-Freunde und ob man mit mir saufen könne. Ich verneinte, das sei nicht so mein Stil, aber dennoch kamen wir ins Gespräch. Gegen Mitternacht rutschte Jim versehentlich raus, sie würde ja auch Musik machen. Musik? Ey, mein Ding! Ich hakte mich unter, versprach, sie große rauszubringen – und nach einigem Zureden führte sie ein YouTube-Video vor, auf dem viel geknutscht wurde. Unter anderem von Jim mit einer ähnlich blonden Frau. Die Musik dazu war das Beste, was ich in schwelgerisch sehnsuchtsvollem Pop seit Jahren gehört hatte. Man muss all die seelenlosen, gefühligen Hipsterbands, die bei Vodafone-Kampagnen laufen, noch mehr verachten, wenn man bei Jim Button einmal gekostet hat, wie man pointierten Post-Portishead-Pop auch machen könnte.

So war das damals. In der verrückten Zeit Ende 2015. Und so kam es, dass Jim mich den Pressetext zu ihrem Album hat schreiben lassen. Das tat ich sehr gern, aber jetzt vor diesem Hintergrund eine Plattenkritik zu schreiben, wäre natürlich lame. Entweder man macht PR oder Kritik – aber nicht beides. Daher habe ich Jim lieber 5 Fragen abseits von Musik zugemutet. Sie hat sie tapfer beantwortet. Der Rest ist dann ihre Musik – aber das kriegt ihr ja alle auch ohne mich hin. Viel Spaß!

Jim, was ist die ärgste Neurose, unter der du leidest?
Ich benutze bis zu 5mal am Tag Zahnseide. Und 10-20mal am Tag Carmex. Und wenn ich irgendwas davon nicht dabei habe, werde ich wie ein Junkie auf Cold Turkey. Dann gibt es kein anderes Thema, bis ich die Sachen aufgetrieben habe.

Worüber lachen deine Freunde in Bezug auf Dich?
Meine Klugscheißerei. Ich hab so ein heftiges Gedächtnis, dass ich fast alles, was ich mal gelesen habe, besonders wenn es irgendwas mit dem menschlichen Körper oder der menschlichen Psyche zu tun hat, nie wieder vergesse. Und dann freu ich mich immer, wenn ich meine Freunde mit spannenden Fakten beglücken kann, und die lachen mich aus und nennen mich „Dr. Jim“.

Erinnerst du dich an einen Kinofilm, an dem Du schon vor Schluss rausgegangen bist?
Der erste James Bond mit Daniel Craig. Da bin ich nach der Hälfte mit ner Panikattacke raus. So düster und soviel Gewalt und so … Ich bin zu sensibel für sowas. Nachrichten kann ich auch nicht gucken.

Welche Tiere steuerst du in einem Zoo immer als erstes an?
Schon der Gedanke, dass es Zoos gibt, in denen Tiere unter beschissenen Bedingungen gefangen halten werden, bringt mich fast zum Heulen, wenn ich mich drauf einlasse. Also verdränge ich die Tatsache, dass es Zoos überhaupt gibt. Mit 13 Jahren hab ich auch aufgehört, Fleisch zu essen, weil ich fand, dass ich mir so das Recht erwerbe, verdrängen zu dürfen, dass es sowas wie Massentierhaltung und Tiertransporte gibt und die entsprechenden Berichte in der BRAVO einfach überblättern zu dürfen.

In welchen Künstler warst du mal verknallt?
Heinz Strunk. Ich hab ihm sogar mal einen (zugegebenermaßen schlechten) Song namens „Dear Heinz“ geschrieben und geschickt. Als Antwort kam dann „Ist ja süß.“ So‘n Arsch.

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