Linus Volkmann

Welche Labels Punk kaputt gemacht haben. Mit Audiolith, Sony, Rock-O-Rama, Fat Wreck u.a.

An dieser Stelle hier werden regelmäßig Verantwortliche vorgestellt, die Punk zu dem untoten Zombie gemacht haben, der er heute ist. Aus technischen Gründen kann dabei auf niemand Rücksicht genommen werden. Die Redaktion bittet dies zu entschuldigen. Folge 4. Das große Label-Spezial. Von Linus Volkmann

Universal
Wer seine Punkplatten von Universal holt, der kauft sich seine Brötchen auch bei der Deutschen Bank.


pphulklog1Hulk Räckorz
WIZO hatten kurz mal was, aber nach der ersten Probe stand schon fest: Totaler Sellout. Da hätte man sich streng genommen schon auflösen müssen! Stattdessen wird auf ihrem Label mit diesem überdummen Zusatz „Räckorz“ unter anderem der Lehrer-Powerrock von den Lost Lyrics veröffentlicht. Danke für nichts! Obwohl, da kam doch gerade auch Zwakkelmann raus? Okay, dann nehme ich alles zurück und sage, WIZO hätten sich erst nach der dritten Probe auflösen sollen.

Audiolith
Dieses Label steht für Punkrock mit anderen Mitteln – also Speed, Turnbeutel und Egotronic. Why not?

X-Mist
Armin Hofmanns Label is the reason for many HC/Punk-geeks to masturbate. All night long. Since 1848.

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JKP
„Steh auf, wenn Du am Boden bist!“, wer liebt sie nicht die entpolitisierten Mutmach-Stücke für den kleinen Mann von den Onkelz Hosen? Und jetzt die gute Nachricht, die Gruppe um den SPD-Ortsvorstand Düsseldorf-Oberbilk ist dermaßen erfolgreich, dass sie auch die Platten anderer herausbringen kann. Sei es die von dem Micky Beisenherz des Chansons (Funny van Dannen) oder das fünfte Rock’n’Roll-Seitenprojekt, in das der herrliche Kobold Vom Ritchie gerade eingestiegen ist, oder seien es die drei sexy Seegurken der Antilopen Gang. Holt euch die heißen Scheiben – sonst macht es doch wieder keiner!

ppmajorMajorlabel
Ey, sorry, das Hörspiel „Der Seuchenprinz“ von Jens Rachut war einfach zu hoch für uns Fans. Aber lieb, dass ihr dachtet, da blickt irgendwer durch.

ppwolverine-records-party-424632Wolverine Records
Schon in den Neunziger Jahren schaltete dieses Label vom Niederrhein wahllos Anzeigen in kleinen Fanzines. Es war in der Szene dementsprechend so beliebt wie Kim Jong-un in Nordkorea. Wer erinnert sich auch nicht gern an die Coverversionen-Reihe „Punk Chartbusters“ mit den kongenialen Covern von Fritte? Na, niemand erinnert sich gern daran! Denn es war ganz furchtbarer Stuhl. Heute ist der Typ hinter all dem immer noch aktiv – faxt ihm gern mal eure Anzeigenpreisliste ins Haus, selbst wenn ihr gar kein Fanzine (oder Fax) habt. Der Mann von Wolverine liebt Punk und Post, auch wenn er seit Jahrzehnten stolz eine schüttere Ted-Tolle mit butteriger Toupet-Anmutung trägt. Er ist trotzdem einer von uns!
Sicherlich spricht es nicht gerade für einen der vorderen Plätze, wenn bei ihm bis heute Bands mit weiblichem Gesang stets episch auf dem Verkaufsargument „female fronted Punkrock“ fahren müssen – aber zumindest postet er privat öfters auf Facebook Familienfotos, sowas sehe ich persönlich gern. Daher sei alles verziehen. Bis auf „Punk Chartbusters“ natürlich!

Rock-O-Rama
Durch Rechtsrock in Verruf geraten.

Sony
Noch schlimmer.

Kontor
1977 wies Punk der Musik einen neuen Wert zu – und zwar die Null. Schwindel, Talentlosigkeit, kaputt machen. Diesen Wert findet man in der kleinbürgerlich geschäftigen Punklabel-Szenerie nur noch selten. Plattenfirmen in anderen Genres sind mit ihrem Dung-Ausstoß da viel konsequenter. Von Kontor (home of Scooter, Die Atzen, Gestört aber Geil…) lernen, heißt, siegen lernen.

ppunbenanntjWeserlabel
Kleiner Exkurs in die Geschichte: Kurz nach dem zweiten Weltkrieg färbte sich der damals bereits 50jährige Fabsi von der Schlagervereinigung Die Mimmi‘s seine Haare weiß (er hält seine Farbe dabei vermutlich für hellblond) und telegraphierte dem Amt für Schallplattenunterhaltung, dass er eine Plattenfirma anzumelden habe. Adenauer gab missbilligend sein Okay und seitdem gibt es das Weserlabel. Dieses Jahr feiert es seinen 100. Geburtstag!

RilRec
Da steckt doch dieser eine Typ dahinter, der mal ein Buch geschrieben hat und so viel auf Konzerte geht. Vermutung: Lebt in eigener Welt. Der Joey Kelly des Punk.

Eigenproduktionen
Wer zuviel selber macht, wird langsam dumm – ausgenommen Selbstbefriedigung.

jjteenagerebelrecords125Teenage Rebel Records
Wegen der sich in meinem Besitz befindlichen Teenage-Rebel-Platte „Die Auferstehung“ von OHL habe ich schon mehrere Freunde verloren. Aber immer wenn ich das Ding in den Müll schmeiße, steht es am nächsten Tag wieder im CD-Regal. Auf diesem Album und diesem Label liegt ein Fluch – genauso wie auf dem Gesicht von Deutscher W.

People Like You
Der Labelname ist die Kurzform von I fucked people like you in prison. Kommt gut rüber. Was man aber von diesem proto-Screamo’n’Testosteronrokoko ihres Acts Marathonmann nicht sagen kann.

Rookie Records
Jürgen Schattner von der Walterelf hat sich mit dieser Plattenfirma seinen Traum von der Selbstständigkeit verwirklicht. Für mich – bis auf die Musik – das beste Label überhaupt.

Twisted Chords
Das Glied von Twisted Chords ist wie Wein – und ich will mich jetzt betrinken.

ppunbenanntColturschock
Da habe ich mal Razzia-Platten im Netz bestellt. Guter ebayer. Gerne wieder.

This Charming Man
Walks the line between cool and GbR.

ppmad-butcher-recordsMad Butcher
Das Label zu Ehren der besten Platte der Thrash-Metal-Band Destruction. Versehentlich veröffentlicht man dort aber dauernd irgendwas anderes und Ska. Könnte das bitte endlich mal umgestellt werden?

 

ppfat_wreck_chords_2009_633_461_70_s_c1Fat Wreck
In der NoFX-Doku „Backstage Passport“ zieht Fat Mike eine dicke, grüne, grobkörnige Line auf dem Hotelzimmer. Was es genau ist, weiß niemand. Die Band befindet sich auf Tour in Singapur. Fazit: Wunderbarer Mann, wunderbares Label.

ppkidnamusic_logoKidnap Music
Ich habe die Platten nicht gehört – ich hatte Angst, sie könnten etwas enthalten, was mir nicht gefiele.

 

Cargo
Fun Fact: Ist doch gar kein Label sondern ein Vertrieb.

Plastic Bomb Records
„Gefühlt“ einst nur der verlängerte „Arm“ von Eisenpimmel, heute hat man sich davon emanzipiert und betreibt grundsolides Punkhandwerk mit kaufmännischer Finesse (Shop!). Swen Bock dreht sich im Grabe rum – wenn er nicht noch leben würde!

Flight 13
Naja, Freiburg halt. Wenigstens haben sie schönes Wetter.

 

Diese Kolumne erscheint in abgewandelter Version auch in der Printausgabe des Plastic Bomb #97.

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