"Monophonie" – Phillip Sollmann Harry Partch – Harry Bertoia – Hermann von Helmholtz

In Zeitlupe durch den Klang- und Stimmungsraum

“Monophonie” by Yasmina Haddad

Gute Nachrichten für all jene, die die Premiere der “Monophonie”, die Anfang Februar in der Volksbühne in Berlin stattgefunden hat, verpasst haben . Die Komposition von Phillip Sollmann, für die er sich von den Instrumenten von Harry Partch, den Skulpturen von Harry Bertoia und der Doppel-Sirene von Hermann von Helmholtz hat inspirieren lassen, wird an diesem Wochenende in der Jahrhunderthalle in Bochum im Rahmen der Ruhrtriennale zweimal aufgeführt. Für Kaput nahm sich Sollmann trotz Schlussprobenstress die Zeit, ein paar Fragen zu beantworten. 

Phillip, wie kam es zur Idee zu „Monophonie“?
Schon als ich die Instrumente von Harry Partch zum ersten Mal auf dem Cover einer Schallplatte sah, hatte ich den starken Wunsch eines Tages darauf zu spielen. Als dann vor vier Jahren das Stück „Delusion of the fury“ bei der Ruhrtriennale aufgeführt wurde, war es um mich geschehen und ich entwickelte den kühnen Gedanken, ein Stück für für diese Instrumente zu schreiben.

Und wie zentral sind die Instrumente von Harry Bertoia und Harry Partch hierbei?
Die Musik in “Monophonie” ist tatsächlich direkt aus den Instrumenten heraus entwickelt worden. Einerseits in Improvisationen, die ich nachts allein im Studio des Ensemble Musikfabrik im ehemaligen Viva 2 Studio gemacht habe. Andererseits mithilfe virtueller Sample-Versionen der Instrumente, mit denen ich dann am Computer in Berlin im Studio komponiert habe.
Ich habe Val, den Sohn von Bertoia, zweimal in Pennsylvania besucht und dabei in der Scheune von Bertoia auf den Skulpturen gespielt und die ausgesucht, die ich jetzt in “Monophonie” verwende. Alles kreist um diese Instrumente und die Sirene von Hermann von Helmholtz.

Nun gelten die Musiker nicht unbedingt als leicht zugänglich, wie hast du sie dazu bewegt, dass sie sich und die Instrumente so engagiert in das Projekt eingebracht haben.
Ich habe ehrlich gesagt selten mit derartig leidenschaftlichen, uneitlen und freundlichen Menschen gearbeitet. Schon der erste Kontakt war sehr wohlwollend und interessiert als ich auf Sie zuging und mein Projekt vorgestellt habe. Das Ensemble ist in seiner Ausrichtung und Qualität meiner Meinung nach einzigartig. Ich bin sehr dankbar, dass ich mit ihnen arbeiten darf und hoffe auf weitere Aufführungen nach der Ruhrtriennale und Hamburg im November.

Sollmann_Ersatz_02Ein paar Worte zu dem aufgeführten Werk: hast du die “Monophonie” alleine geschrieben? Kannst du uns ein bisschen tiefer in die Komposition und die Interpretation dieser einführen?
In “Monophonie” habe ich das Instrumentarium von Harry Partch befragt auf seine Qualitäten im Hinblick auf zeitgenössische Hörgewohnheiten und ein über einstündiges Stück geschrieben, das sich wie in Zeitlupe durch seinen Klang- und Stimmungsraum bewegt. Dabei gibt es verschiedene Referenzpunkt, an denen ich mich entlang bewege: Japanisches Noh-Theater und Tempelmusik, asiatische und afrikanische Musiktraditionen sowie totaler Minimalismus anknüpfend bei LaMonte Young und nachfolgenden Generationen. Ich habe am Computer gearbeitet und am Ende mit Stefan Keller die Notation vorgenommen – er ist Komponist und hat mir sehr geholfen, die Musik in eine Partitur zu bringen.Das Ensemble konnte die Musik direkt vom Blatt spielen und wir haben in den diversen Proben an den Feinheiten gearbeitet.

Ich habe das schon richtig verstanden, du hast zudem auch eigenes Instrumentarium für die Performance mitentwickelt, oder?
Nein, in diesem Stück benutze ich ausschließlich die Instrumente anderer: Harry Patch Instrumente, Bertoia Skulpturen und die Doppel-Sirene von Hermann von Helmholtz, die ich bei Recherchen im Keller der Charité gefunden habe. Das muss reichen!

"Monophonie" by Yasmina Haddad

“Monophonie” by Yasmina Haddad

Die Premiere hat in der Berliner Volksbühne stattgefunden. Wie hast du den Abend empfunden? Und wie war das Feedback?
Ich war unheimlich aufgeregt und nach der Aufführung wie in Trance, da ich über ein Jahr auf diesen Punkt hingearbeitet hatte. Nicht nur an der Komposition, auch an der Produktion, der Finanzierung, dem Bühnenbild, einem Begleitheft, und vielen Kleinigkeiten, die so ein Riesen-Projekt mit sich bringt. Kurz vor der Aufführung war ich noch im Foyer und habe viele alte Freunde aus allen möglichen Ecken von Kunstgalerie bis Berghain gesehen. Als dann aber Ricardo Villalobos direkt neben meinem Therapeuten stehen sah, musste ich lachen: Das perfekte Publikum hatte sich an diesem Abend eingefunden. Insgesamt war es ein großer Erfolg mit vielen verblüfften Besuchern.

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“Monophonie” by Yasmina Haddad

Wird die Aufführung in Bochum exakt gleich aussehen?
Wir sind schon seit Tagen vor Ort und nehmen an allen Ecken finetuning vor. Licht und Bühnenbild werden in dieser überwältigenden Halle so zum Einsatz kommen, wie wir es uns ursprünglich vorgestellt haben. Dafür war in Berlin etwas wenig Zeit. Ich freue mich sehr über diese neue Aufführung in der Michael Kleines Bühnenbild voll zur Geltung kommt. Es ist einfach toll mit dieser neuen Musik an den Ort zurückzukehren, an dem ich die Instrumente zum ersten Mal live erleben durfte.

Die “Monophonie” von Phillip Sollmann wird am 16. und 17. September (jeweils um 20 Uhr) im Rahmen der Ruhrtriennale in der Jahrhunderthalle in Bochum aufgeführt

 

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