Gudrun Gut

Auf Tour in Australien und Vietnam

Gut_TourflyerDie Berliner Produzentin und Monika Enterprises Label Betreiberin Gudrun Gut hat auf Einladung des Goethe Instituts Sydney und unter Mithilfe von Media Loca Australien, Fake Music Media und  dem Goethe Institut Vietnam bereist. Für Kaput führte sie Tagebuch über die Erlebnisse in Sydney, Brisbane, Melbourne, Saigon/Ho-Chi-Minh und Hanoi.

08. März
Von Berlin in 24 Stunden nach Sydney, mit zweistündigen Zwischenstopp in Abu Dhabi. Essen, Schlafen, Filme schauen, und am Ende fühle ich mich wie ein Zombie.

09. März
Es ist Abend bei der Ankunft in Sydney. Das Wetter ist warm und Jochen vom lokalen Goethe-Institut und ich gehen auf ein Bier in eine Rooftop Bar. Mein neues Heim ist ein Hotel-Appartement mit Küche und kleinem Balkon mit Blick über die Stadt. Ich bin hundemüde.

10. März
Die Ambush Gallery, wo mein Auftritt im Rahmen der Geniale-Dilletanten-Ausstellung stattfindet, befindet sich im Central Park Building, einem modernen, biodynamischen Appartement&Mall-Hochhaus, das mit Pflanzen bewachsen ist. Auf die Ausstellung, wie sie hier vor Ort präsentiert wird, will ich selbst lieber nicht groß eingehen. Anders als in Hamburg ist dies die fahrende, reduzierte Goethe-Version und spiegelt eine künstliche Wahrheit wieder, die ich nicht so erlebt habe – obwohl ich dabei war. Keine Frauen in Sicht.

Der Konzertraum mit Bar ist schön groß und hip-alternativ mit Holzpaletten eingerichtet. So scheint man es in Down Under zu mögen, in einem Artspace in Christchurch in Neuseeland sah es auf einer vorherigen Tourenee ähnlich aus.
Der Soundcheck offenbart eine sehr kleine PA: Kein Subwoofer, also keine definierten Bässe. Ohje, und das mir, wo ich die Bässe doch so liebe. Hat da mal wieder jemand nicht den Tech-Rider gelesen? Dabei ist der Techniker Teil der Gallery und zudem selbst Musiker. Subwoofer ist nicht zu kriegen, er holt einen Bassamp. Geht das? Noch nie erlebt. Nun, die Zeit wird es zeigen.
Die Ausstellung eröffnet um 18 Uhr. Viele, sehr bunt gemischte Leute. Die Drinks sind for free, die Brezeln auch. Ich spiele gegen 19.30 Uhr. Die Stimmung ist bestens, und das obwohl der Sound durch den Bassamp dermaßen verzerrt, dass ich meine eigenen Stücke kaum erkenne. So ergeht es einem, wenn die PA für eine Band mit Gitarren, Bass, Schlagzeug und Gesang ausgelegt, aber für Elektronik völlig ungeeignet ist. Das ganze Konzert klingt wie Industrial-Punk-Techno – sehr wild. Aber die Leute sind total begeistert. Für mich ein bisschen komisch, aber fun.
Nach dem Konzert ist tatsächlich der gesamte Merch weg. Alles verkauft. Ich habe wohl zu wenig Platten mitgenommen. Fühle mich wie in einem Traum.

11. März
Der nächster Tag ist frei! Ausschlafen – was angesichts des schlimmen Jetlags nicht so leicht ist. Bis 5 Uhr habe ich wachgelegen, obwohl ich total müde war. Das Tourismusprogramm stimmt aber versöhnlich: Fotos vor dem Sydney Opera House, Spaziergang im Botanischen Garten: überall blühen exotische Blumen und Pflanzen, weiße Kakadus spielen auf dem Rasen, Eine Hochzeitsgesellschaft mit Picknickkörben hat es sich gemütlich gemacht. Die Aussies sind generell sehr freundlich und „easy going“.
Es ist zu meiner eigenen Verwunderung bereits meine fünfte Australienreise, zuletzt habe ich 2014 hier gespielt. Australien war immer ein bisschen funky. Aber nun arbeiten hier alle wie verrückt und sind leicht gestresst, die Folge der Verteuerung des Landes, die wiederum eine Folge des Wirtschaftbooms durch Asien-Geschäfte ist.

12. März
Nach einer weiteren fast schlaflosen Nacht breche ich sehr müde mit dem Flugzeug nach Brisbane auf. Dabei nur Handgepäck und Equipement, der Rest bleibt im Tourbasilager Sydney. Lawrence English, der den Auftritt für mich ermöglicht hat, holt mich vom Flughafen ab. Wir gehen ein fantastisches Avocado-Sandwich essen und unterhalten uns angeregt über Musik und das Leben damit. Selbiges holt mich im Hotel mit Problemen ein, weil ich den Pin für meine Visa-Karte nicht kenne.
Dafür läuft der Auftritt im Institute for Modern Art bestens. Diesmal ist die PA gut, und auch der Support-Act Andrew Tuddles, der seine neue Platte „Fantasy League“ präsentiert, ein schönes, serielles Ambient-Country-Album (Room40), gefällt mir. Mein eigener Auftritt läuft ebenfalls gut. Die Leute, teilweise von weit her angereist, einige Deutsche sind auch dabei, sind sehr begeistert.
Danach gibt es ein Essen mit vielen Musikerfreunden in einem großen Automatencasino-Trash-China-Restaurant – und jede Menge Alkoholleichen. Einer nach dem anderen fällt einfach um. Absurd. Let’s go. Schnell Richtung Hotel, durch eine supervolle Ausgeh-Meile voller Betrunkener und halbnackter Teenager … Bin ich in England?

13. März
Ich besuche Lawrence und Rebecca und ihre beiden Kindern in ihrem Haus, danach gemeinsamer Spaziergang am Brisbane River. Von dort hat meinen guten Blick aufs Powerhouse, wo ich bei einer vorherigen Tournee im Rahmen einer Room40-Nacht gespielt habe. Lawrence ist ein echter Machertyp und Aktivist und versucht stets Neues durchzusetzen. Wir gehen mit den Kids auf einen großzügiger Abenteuerspielplatz, ein toller Irrweg über Äste und Seile. Der Park hat englischen Rasen und riesige Bäume. Und auch vom Hotel aus stimmt der Ausblick auf Brücke und Fluss. Ich skype mit Berlin.

14. März
Morgens Flug zurück nach Sydney. Inlandflüge in Australia sind fast wie Busfahren: nie einen Pass gezeigt, ganz smooth mit Smoothie.
Nachmittags ist der offizielle Talk mit Jasmine Guffond (Berlin/Sydney), Brooke Olsen (Radio Presenter, Sydney), Gail Priest (Musikerin und Aktivistin, Sydney) und mir zum Thema „Artist in Berlin / Australia“ in der Ambush Gallery. Im Gespräch geht es um die Unterschiede der Länder und dem Umgang mit ihren Künstlern, um die neu eingeführten „lockout Laws“, also Alkohol-Sperrstunden, und natürlich auch um Female:Pressure. Lustig und anregend und revolutionär war es, mit guten Fragen aus dem Publikum. Danach gehen wir alle zusammen essen. Die Monika-Künstlerin Islaja, die zufällig auch gerade in Australien tourt, kommt mit. Jochen und Gail zeigen mir anschließend „Sydney by Night“. Hicks.

15. März
Und wieder geht es morgens zum Flughafen. Diesmal geht es nach Melbourne, die europäischste Stadt in Australien. Die meisten Künstler wohnen hier, die meisten Konzerte finden hier statt. Es ist mein drittes Mal in Melbourne, ich habe irgendwie eine Beziehung zu dieser Stadt. Dementsprechend freue ich mich auf das Konzert im Curtin, zumal auch noch HTRK (Hate Rock) spielen, super.
Gaby vom Goethe-Institut holt mich am Flughafen ab und bringt mich in mein kleines, ganz in weiß gehaltenes Appartment in einem Hochhaus mit lauter asiatischen Studenten. Die Universitäten sind sehr gut hier, aber sehr teuer: 1000 Australische Dollar im Monat. Trotzdem scheinen die Studenten neben mir im Aufzug keine Geldsorgen zu haben.
Der Tag ist frei. Ich gehe die Umgebung erforschen und entdecke unter anderen einen australischen Aldi Markt, der identisch ist, aber andere Marken führt. Abends treffe ich meine alten Freunde Mick und Katy auf ein Dinner. Super nett. Bin endlich angekommen.

16, März
Gig Tag. Mittags Radio Interviews, Lunch, dann Soundcheck, sehr guter und schneller Tontechniker, Video läuft auch endlich. Das Konzert ist restlos ausverkauft! Doch plötzlich gibt es im Curtin einen Stromausfall. Oh je, bitte nicht, doch das Konzert kann stattfinden. Es gibt keinen Backstage (wie überall), keine Klimaanlage (weshalb es 30 Grad heiß ist) und auch kein Licht auf der Toilette, Katy hilft mir mit einer geliehenen Taschenlampe, meine Kontaktlinsen einzusetzen.
HTRK sind ganz toll, schön slow. Sie sind sehr beliebt in Australien. Ich kenne sie schon vom nrmal Festival in Mexiko, wo ich mit Gut und Irmler gespielt habe. Jonnine Standish habe ich damals auch persönlich kurz kennengelernt. Ihr Mann Conrad Standish legt auf. Er ist entzückend. Der ganze Abend ist top. Meine Musik wird aufgesogen, die Leute sind total außer sich. Viele junge coole Kids und auch die ältere Melbourne Music-Family.
Nur der Lichtmann, den ich nicht brauche, entscheidet, dass mein Video nicht so wichtig ist, und macht einfach seine Lightshow. Egal. Der Abend war einfach super und ganz speziell. Alles gegeben und alles bekommen. Dafür hat sich die Reise gelohnt.
Noch Drinks mit allen – Mick und Katy bringen mich torkelnd nach Hause in mein Appartement im 28 Stock.

17. März
Einmal mehr: Flughafen. Zurück nach Sydney. Ausruhen. Mein Energielevel ist grenzwertig, bin sehr erschöpft. Swimmingpool! Freizeitgefühl. Puh.
Das Essen in Australien ist übrigens großartig. Pan-Asien-Food: Top Gemüse, Obst, Fisch. Frisch und fancy zubereitet. Love it. Leider aber kaum Zeit, es ausgiebig zu probieren.
Abends gehe ich zur Biennale Eröffnung und anschließend zum Gig von Islaja und Jasmine Guffond (Jasmina Machina). Supernetter Abend.
Dann gilt es zu Packen, am nächsten Tag geht es auf nach Vietnam! Da war ich noch nie.

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18. März
Beim Abflug am Flughafen ist Stress angesagt. Ich habe den Ausdruck für den Rückflug nach Berlin nicht parat, wohl aus Versehen weggeschmissen. Wieso brauchen die den denn jetzt? Tausend Zettel, Rider, Tickets. Koffer auf, Koffer zu. Aber im Laptop hab ich die Daten: Fotografieren, Beweis zeigen und zum Gate rennen. Uff. Den 8-Stunden-Flug nach Ho-Chi-Minh schlafe ich durch.
Saigon empfängt mich heiß und schwül. Die Hitze drückt mehr als in Australien, da sie viel feuchter ist. Mein Hotel, das LanLan, ist zentral gelegen und hat freies Internet. Endlich. Australien war da problematisch und teuer. Draußen ist es sehr laut und super busy. Stadtleben, ein bisschen Bangkok Flair. Ein Moped neben dem anderen. A Stream of Mopeds sozusagen. Hier bin ich ganz klar Ausländer, einfach größer und anders. Man spürt den Kommunismus nicht. Ist er noch da??
Ich brauche dringend einen Kaffee – der „Cafe Vietnamese“, ein starker Kaffee mit Milchmädchen und Eiswürfeln, ist fantastisch! Es gibt einige Touristen und viele Expats, Aussteiger. Vietnam ist günstig.
Neben dem Hotel befindet sich eine riesige, wuselige Markthalle mit den tollsten Sachen. So fremd, dass ich mich alleine erst nicht durch traue.
Später Abendessen in netter Runde mit Sonja, der tollen Goethe-Chefin in Saigon und ihrem französischen Ehemann, dem Betreiber vom Observatory sowie zwei Resident Djs des Clubs. Das Restaurant wirkt wie aus einem Film: verschachtelte Räume auf verschiedenen Ebenen, offene Fenster, riesige Ventilatoren überall. Sonja bestellt eine große Auswahl an Köstlichkeiten: Reispfannkuchen, Salate, Fleisch mit frischen Kräutern, Shrimps… und Rauchen ist erlaubt!

19. März
Diesmal arbeitet die Zeitverschiebung von vier Stunden zu meinen Gunsten. Endlich ausschlafen.Es gibt Frühstück im Hotel. Mir fällt auf, dass ich in Australien nie zum Frühstücken gekommen bin. Hier bin ich wach und habe mehr Zeit.
Ich fahre mit Praktikant Hai-Wu zum Soundcheck ins Observatory. Der Eingang führt durch einen Raum, der als Moped-Parkplatz genutzt wird. Vom Balkon hat man einen traumhafter Blick auf die Stadt und den Fluss Saigon. Der Club ist relativ typisch für hießige Verhältnisse: keine Bühne und das Tech-Set-up befindet sich in der DJ Booth. Aber er Sound ist gut, und auch das Video läuft irgendwann.
Das Abendessen vor dem Gig findet diesmal in der Markthalle statt: Flambierte Shrimps in der Kokosnuss und Red Snapper. I just love Shrimps.
Der Support-DJ ist sehr nett und spielt gute Musik. Zum Beispiel den Mosse-Mix von Simone White. Zur Auftrittszeit um 23 Uhr ist der Club aber noch leer, langsam erst kommen die Leute. Viele Vietnamesen, einige Deutsche und die Expats. Die Leute sind überrascht und begeistert. Meine Musik ist keine alltägliche Kost und sie ist weit entfernt von reiner Oberflächenbeschallung. Die Frequenzen machen etwas mit uns und wir alle erleben etwas gemeinsam. Ein vietnamesischer Hardcore-Fan direkt vor mir versucht zu tanzen, aber er ist irgendwie sehr unsicher dabei. Die einfache Erklärung: Im Gegensatz zu Europa hat Vietnam gar keine Tanztradition.
Guter Abend. Müde. Morgen freier Tag.

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VIet Nam Travel

20. März
Zum Rausgehen ist es fast zu heiß. 37 Grad! Schnell ins klimatisierte Café auf einen Vietnamesischen Kaffee mit Milch und Eis. Mangos und andere Früchte gibt’s aufgeschnitten auf den lärmigen Straßen. Überhaupt kann man alles von Straßenhändlern bekommen, die überall sind.
Ich besuche den Goethe-Doku-Kurzfilm-Abend an der Uni mit vietnamesischen Kurzfilmen. Schließlich will man ja auch was über das Land lernen. Die Filme sind okay, aber nicht so inspirierend, wie ich hoffte.
Abends ist es immer noch sehr warm. Um die 32 Grad. Ich nehme einen Cocktail mit Goethe Mitarbeiter Hai Wu in einer Rooftop Bar mit Blick über die Stadt. Alles eher westlich schick und teuer. Aber dafür ist der Blick auf die die Farbewechselnden Skyscraper schön.

21. März
Der Tag beginnt mit einem zweistündigen Flug nach Hanoi. Nein, genauer gesagt beginnt er mit einer ewig langen Schlange am Check-In.
Hanoi ist grau und viel kühler, die Stadt liegt nördlicher. Sofort schlägt mir ein kommunistischer Duft entgegen. Alles ist imposant groß angelegt.
Mein Hotel heißt Emotion, was natürlich lustig ist, da es von meiner Band Malaria ja ein Album mit selbigen Titel gint. Das weiß aber keiner hier. Die Anmutung des Hotels ist elegant und asiatisch schlicht, dunkles Holz prägt das schönes Zimmer. Doch aus dem Bad weht ein unsäglicher Gestank zu mir herrüber. Die Erklärung: Benutztes Toilettenpapier soll im Bastkorb entsorgt werden. Oh nee, da mache ich nicht mit: Soll doch der Abfluss verstopfen!
Frau Chung vom lokalen Goethe-Institut, dem wohl größten in Asien, holt mich ab. Wir schlendern gemeinsam zu Fuß durch eine recht altmodisch anmutende, deutlich kleinere Stadt als Saigon. Der Moped-Verkehr ist auch hier immens, das Überqueren der Straße erfordert Mut und Scheuklappen. Go with the Flow ist das Motto, gleichmäßig durch die fahrenden Mopeds und Autos durch.
Das Goethe-Institut befindet sich in einer großen, alten, renovierten Villa. Ich sitze mit sechs Frauen zusammen um den Ablaufplan zu besprechen. Es gibt köstlichen Jasmintee. Eliza ist da, eine englische Veranstalterin, Aktivistin und Musikerin, die in Hanoi lebt und arbeitet, agil und sehr sympathisch. Sie soll ein Interview beziehungsweise eine kurze Einführung vor meinem Konzert geben, außerdem werden wir zusätzlich ein Künstlergespräch in ihrem Club CAMA mit anderen Musikerinnen aus Hanoi führen.
Das Konzert wird spontan wegen Regenwarnung vom Garten in einen Saal des Goethe-Instituts verlegt. Ich bin froh, dass es nicht mehr so heiß ist, bei 25 Grad kann man auch tagsüber mal rausgehen.
Zum Abendessen gehe ich mit der Leiterin in ein sehr schönes einfaches Restaurant: dunkles Holz, nostalgisch, romantisch, schlicht. Saigon Bier oder Hanoi Bier? Beide gut.
Gute Unterhaltung über lokale Kultur und Politik. Vietnam ist kulturpolitisch oft sehr konservativ und hindert mit undurchsichtige Entscheidungen und Absagen in letzter Minute anstatt zu fördern. Ich bin todmüde.

22. März
Freier Tag! Spaziergang auf nicht vorhandenen Bürgersteigen mit Fotosession. Motive: die Straßengeschäfte, deren Inneneinrichtungsthema hauptsächlich Gardinen zu sein scheint. Auch hier gilt: alles wird mit dem Moped erledigt. Fußgänger sind eher selten, außer in der Altstadt, wo es im Süspeisen-Café schwarzen Reis statt Kuchen gibt. Es ist höllisch laut überall. Ruhe ergibt sich erst bei der Besichtigung des Literaturtempels: Ein Hauch von alten Asien, Buddha-Figuren, zu ihren Füßen Schokochips als Opfergabe, Pagoden, riesige Gongs.
Dem anhaltenden Regen sei dank gibt es Zeit für eine Profi-Pediküre. Abends gibt es Fish-Hot-Pot. Ich habe langsam schon ein bisschen Heimweh allein in der Fremde.

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Hanoi Street View

23. März
Der letzte Auftritt steht an. Aber erst Mal ein Frühstück auf dem Dackbalkon mit atemberaubenden Blick auf die Stadt. Es regnet, was nicht so sehr stört, aber der Luftdruck ist höllisch. Ich will mich kaum bewegen.
Der Soundcheck läuft gut. Mit Bass! Guter, trockener Raum. Ich freue mich!
Nach einführenden Worten von Frau Goethe und Eliza geht es los. Diesmal klappt alles mit der Projektion: sie ist direkt hinter mir und groß. Die Leute reagieren ein bisschen perplex, aber am Ende wird getanzt. Es gibt Fans und viele glückliche Gesichter. Ich habe einmal mehr das Gefühl, etwas geben zu können: die Videos helfen sehr, meine doch etwas andere Welt erfühlbar zu machen.
Nach dem Gig gibt es ein Essen im Restaurant des Goethe Instituts, ich verliere jedoch die Konzentration: Die Energie ist unten, das Wetter drückt.

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Talking in Hanoi.

24. März
Ausschlafen! Heute ist es kalt. Zum ersten Mal muss ich die dicke Jacke aus Berlin anziehen. In Hanoi habe ich bis lang noch kein einziges Mal die Sonne gesehen: immer Halbnebel, diesig. Aber die alten Häuser und das alte Asien und die Atmosphäre sind einzigartig und haben mein Herz gewonnen. Ich fühle mich immer verbundener.
Vor dem abendlichen Talk im CAMA Club treffe ich mich mit Eliza zufälligerweise wieder im Restaurant vom Ankunftstag. Das Essen ist wieder fantastisch, diesmal gibt es Bananenbattblütensalat, klebrigen Reis, gebraten in Rechtecken, wundersame Soßen, Fleisch mit vielen verschiedenen frischen Gewürzen und Kleinigkeiten der unbekannten Art. Eliza ist sehr nett, wir fühlen uns nah und verbunden. Sie kommt ursprünglich aus Irland, organisiert hier Konzerte, Festivals und macht selbst unter dem Namen Glittertroff Musik. Im CAMA, dem einzigen Nichtraucherladen in Hanoi, ist heute ist Experimental Day. Es spielt unter anderem Nhung Nguyen, eine lokale Ambient-Drone-Electronikerin.
Wir setzen uns mit circa 15 Musikerinnen in einen anderen Raum und reden über die Situation der Frauen in der lokalen Musikszene. Alles locker, casual. Die Erfahrungen sind identisch wie überall, allerdings fehlt es hier generell an Infrastruktur, die Musiker kommen kaum raus aus der Stadt. Das Gespräch ist offen und gibt mir ein Gefühl und einen Anker. Es gibt noch viele Komplimente für meinen Sound und die verschiedenen Bässe, die sich bei mir verweben. Ich habe das Gefühl, etwas geschaffen zu haben, was den Menschen einen Mehrwert gibt. Ich weiß, das hört sich komisch an.
Die Diskussion ist anregend für alle: Das Goethe-Institut will sich in Zukunft um mehr Workshops bemühen und so einen Raum zum freien Reden bieten. Ein Schnaps mit Eliza und müde geht’s ins Hotel. Morgen wieder Flughafen.

25. März
Zurück nach Saigon. Allerdings wurde mein Flug vorverlegt und niemand hat mir Bescheid gegeben. Man konnte mich nicht erreichen, weil ich ja Ausländer bin. Whatever? Aber kein Problem: Ein Flug später, und während der Überbrückung VIP-Lounge mit freiem Essen und Trinken und Internet.
Saigon: Hitze, wieder 35 Grad. Zurück in mein LanLan-Hotel. Zurück in die große westliche Stadt. Jetzt bin ich eingegroovt auf Vietnam und wage mich in die riesige Markthalle mit bombastischen Überangebot. Eng, voll, fremd, laut, schwül. Ich kaufe ein und esse.
Ein letzter ruhiger Abend. Morgen geht es via Abu Dhabi wieder nach Berlin. Ich freu mich auf ein Wiedersehn.
Danke an das Goethe-Institut Australien und Vietnam für die exzellente Betreuung und das Möglichmachen.

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